Supervision in der Lerntherapie: Warum kollegialer Austausch deine Arbeit bereichert

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Einleitung: Der Moment, in dem alles klarer wird

Es gibt diese Situationen in der lerntherapeutischen Arbeit, in denen man sich nichts sehnlicher wünscht, als kurz mit einer Kollegin oder einem Kollegen zu sprechen. Einfach mal durchatmen, die eigenen Gedanken sortieren – und plötzlich sieht man wieder, was wirklich wichtig ist. Doch oft ist dieser Austausch nicht möglich. Wir arbeiten allein, zwischen Tür und Angel, mit dem Gefühl, alles selbst tragen zu müssen.

Eine solche Situation erlebte ich mit einem Jungen, der in meiner Praxis zunächst gar nicht mitmachen wollte. Er wirkte abwesend, fast abweisend – bis ich ihm leere Kartons zum Basteln anbot. Plötzlich war er mit Feuereifer dabei, und wir fanden einen Weg, miteinander in Kontakt zu kommen. Doch die Frage blieb: Braucht dieses Kind gerade wirklich Lerntherapie? Bin ich die richtige Person, um ihm zu helfen? Eine kurze, informelle Intervision mit einer Kollegin half mir, klarer zu sehen. Interessanterweise fragte sie mich dabei auch: „Magst du diesen Jungen eigentlich?“ Ich musste kurz überlegen – und ja, einen Teil von ihm mochte ich sehr. Doch später zeigte sich, dass genau diese emotionale Verbindung auch eine Herausforderung für den Prozess werden konnte.

Doch im Alltag stehen wir oft vor ganz anderen Fragen:

  • Wie gehe ich mit herausfordernden Eltern um, die andere Vorstellungen von „Erfolg“ haben?
  • Wie gelingt die Zusammenarbeit mit Lehrer*innen, die andere Prioritäten setzen als ich?
  • Was tun, wenn ein Kind einfach „einen schlechten Tag“ hat – und wir uns plötzlich hilflos fühlen?
  • Oder wenn wir das Gefühl haben, auf der Stelle zu treten, ohne zu wissen, warum?

Die Herausforderung, Supervision zu beginnen – sei es in der Gruppe, im Team oder einzeln – ist für viele Soloselbstständige groß. Denn Supervision wird oft als „Zeitfresser“ wahrgenommen, als etwas, das „eigentlich nicht bezahlt wird“. Doch genau hier liegt der Irrtum: Supervision ist ein Werkzeug für unsere Qualitätssicherung, unsere professionelle Weiterentwicklung – und nicht zuletzt für unsere eigene Selbstfürsorge.

Kleine Schritte sichtbar machen – Metapher für Entwicklung in Supervisionsprozessen

Was Supervision ist – und was sie nicht ist

Supervision bietet dir einen geschützten Rahmen, in dem du berufliche Fragen, konkrete Fälle und deine eigene Haltung reflektieren kannst. Sie kann einzeln, in der Gruppe oder im Team stattfinden.

Das Ziel ist immer dasselbe:

  • Klärung finden, wenn du dich festgefahren fühlst.
  • Entlastung erfahren, wenn die emotionale Last zu schwer wird.
  • Perspektivwechsel gewinnen, um neue Handlungsmöglichkeiten zu entdecken.
  • Sicherheit in deinem eigenen Tun stärken – und damit auch deine Professionalität.

Doch was ist Supervision nicht?

  • Keine Therapie: Es geht nicht um private Themen, sondern um deine professionelle Rolle.
  • Keine Fortbildung: Weniger Wissensvermittlung, mehr Prozessbegleitung.
  • Kein „Jammern über Klient*innen“: Sondern eine konstruktive Fallbetrachtung, die Lösungen in den Blick nimmt.

Supervision ist wie ein Spiegel, der dir zeigt, was du gut machst – und wo du vielleicht noch blind für bestimmte Muster bist. Sie ist ein Geschenk an dich selbst, das am Ende auch deinen Klient*innen zugutekommt.

Was Supervision ist – und was sie nicht ist

Supervision ist mehr als ein „netter Austausch“ - auch dieser kann und ist wichtig in unserem Alltag. Sie hat konkrete, langfristige Vorteile für deine Arbeit – und damit für die Kinder, Jugendlichen und Familien, die du begleitest.

Tiefere Fallverständnisse – und damit gezieltere Interventionen. Oft sehen wir nur das „Problemverhalten“ (z. B. Verweigerung, Aggression, Rückzug), aber nicht die dahinterliegenden Bedürfnisse oder Muster. Supervision unterstützt dich dabei, noch einmal eine andere Perspektive einzunehmen.

Emotionale Entlastung – und damit mehr Gelassenheit. Supervision gibt dir Raum für eigene Gefühle, die im Lerntherapiealltag oft „weggeschluckt“ werden: Frustration, Hilflosigkeit, sogar Wut, und du findest einen Umgang damit.

Methodische Vielfalt – und damit mehr Kreativität. Durch den Austausch mit Kolleginnen oder Supervisorinnen entdeckst du neue Wege, die du allein nicht bedacht hättest. Einige der neuen Ideen sind für dich umsetzbar, andere nicht.

Professionelle Haltung schärfen – und damit klarere Grenzen setzen. Supervision hilft dir, deine eigene Rolle zu reflektieren: „Wo bin ich Therapeutin – und wo beginne ich, Verantwortung zu übernehmen, die nicht meine ist?“ Damit schärfst du deine persönliche Grenze.

Netzwerkbildung – und damit weniger Isolation. Supervision schafft Kontakte zu Kolleg*innen, die ähnliche Herausforderungen kennen. Das führt zu gegenseitigen Empfehlungen, Kooperationen – und einer stärkeren Positionierung als Lerntherapeut*in in deiner Region. Gerade, da Lerntherapeut*innen überwiegend allein arbeiten.

Selbstfürsorge – und damit mehr Freude an der Arbeit. Supervision ist ein Akt der Selbstfürsorge. Wer regelmäßig reflektiert, bleibt länger motiviert und vermeidet Zynismus („Ich kann eh nichts ändern“).

Warum Supervision oft zu kurz kommt – und wie du diese Hürden überwindest

„Ich habe keine Zeit!“ Lösung: Starte mit Formaten, die ein paar Mal im Jahr stattfinden (z.B. 60–90 Minuten alle 3 Monate) oder nutze online-basierte Intervision. Das hilft dir die Supervision in deinen Arbeitsalltag zu integrieren.

„Das kostet Geld – und bringt nichts Greifbares!“ Lösung: Rechne den „Return on Investment“ aus – wie viel Zeit und Stress du sparst. Nutze kostengünstige Alternativen wie Intervision oder Gruppensupervision. Unterscheide zwischen Intervision und Austausch. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Austausch unter Kolleg*innen wichtig und gut ist, es ersetzt allerdings keine Supervision.

„Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll!“ Lösung: Sprich eine vertraute Kollegin an, nutze vorstrukturierte Leitfäden oder probiere eine einmalige Intervision aus.

Supervision und Selbstfürsorge: Warum beides untrennbar ist

Supervision ist Burnout-Prävention und Achtsamkeitstraining in einem. Sie hilft dir,

  • deine Grenzen zu spüren,
  • deine Freude an der Arbeit zu bewahren,
  • deine Haltung zu hinterfragen.

„Supervision ist wie ein Garten: Wenn du ihn regelmäßig pflegst, trägt er Früchte. Wenn du ihn vernachlässigst, wuchern die Unkräuter – und irgendwann siehst du den Boden nicht mehr.“

Dein nächster möglicher Schritt

Supervision ist kein „Nice-to-have“, sondern ein zentraler Baustein deiner Arbeit. Sie gibt dir Klarheit, Gelassenheit, Kreativität – und die Gewissheit, nicht allein zu sein.

Dein nächster Schritt:

  • Wenn du noch nie Supervision ausprobiert hast oder unsicher bist: Wir können gerne ein unverbindliches Erstgespräch führen. Indem du dir  klarer über die Inhalte und Ziele wirst.
  • Wenn du schon Erfahrung hast: Überlege, wie du Supervision regelmäßiger in deinen Alltag einbauen kannst. Gruppenangebote sind hilfreich.

Letzte Frage an dich: „Was wäre, wenn du dir ab heute die Erlaubnis gibst, Unterstützung zu suchen – nicht weil du ‚schwach‘ bist, sondern weil du deine Arbeit stärken willst?“

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