Spielend wachsen – Wie Spiele in Lerntherapie, Coaching und Supervision Ressourcen wecken

Während einer Fortbildung wurden uns verschiedene Spiele angeboten. In kleinen Gruppen durften wir sie ausprobieren. Eines davon war ein einfaches, taktisches Balancierspiel, das viel Absprache und Teamwork erforderte. Es machte uns – zumindest fast allen – viel Freude.

Und doch zeigte sich auch: Es gibt Menschen, für die Spiele, die Frustrationstoleranz erfordern, eine Herausforderung darstellen. Wir sind sehr verschieden – und ebenso unterschiedlich ist unser Zugang zum Spiel.

Mir wurde wieder bewusst, wie stark unsere persönliche Spiel-Biografie unser Erleben prägt – was uns reizt, was uns hemmt, wann wir aufblühen und wann wir uns innerlich zurückziehen.

Auch in der Lerntherapie berücksichtige ich diese unterschiedlichen Vorlieben. Es gibt durchaus Kinder, die ungern spielen – ganz gleich, was angeboten wird. In solchen Fällen taste ich mich behutsam heran. Oft beginne ich mit kleinen Spieleinheiten, die das Kind leicht gewinnen kann. Denn manchmal steckt hinter der Abwehr auch die Sorge, erneut zu scheitern.

Gleichzeitig kann ein Spiel auch dazu einladen, etwas zu tun, das eigentlich abgelehnt wird. Ein Junge sagte mir in unserer zweiten Stunde, dass er ungern schreibt. Mit einer Runde „Mensch ärgere dich nicht“ und einer Portion Ehrgeiz – den er zweifellos hat – konnten wir dann doch einige Sätze schreiben.

Wann hast du zuletzt gespielt – wirklich gespielt? Gibt es Spiele, die dich zum Lachen bringen? Und andere, die du lieber meidest? Wie ist das bei deinen Klient*innen oder Gruppen?

Dieser Blogartikel lädt dich ein, das Spiel als Erfahrungsraum neu zu entdecken – in der Lerntherapie, im Coaching und in der Supervision. Nicht als netten Zeitvertreib, sondern als Ressource. Als einen Raum, in dem Menschen wachsen, sich zeigen und in Beziehung treten können. Spielerisch, leicht – und oft erstaunlich tief.

Warum Spielen mehr ist als Zeitvertreib

Spielen begleitet uns von Anfang an. Noch bevor wir sprechen können, greifen wir nach Dingen, erkunden sie mit allen Sinnen, reagieren auf Klänge, Farben, Bewegungen – spielerisch, intuitiv, voller Neugier. Im Spiel verbinden sich Bewegung, Wahrnehmung, Emotion und Beziehung auf eine Weise, die tief im Menschen verankert ist.

In der pädagogischen Arbeit – sei es mit Kindern oder Erwachsenen – ist das Spiel weit mehr als ein netter Einstieg oder eine auflockernde Zwischenübung. Es ist ein Erfahrungsraum, in dem Menschen sich ausprobieren, sich zeigen, scheitern dürfen und neue Strategien entwickeln können. Gerade in begleiteten Prozessen kann dieser Spielraum heilsam wirken – weil er wenig vorgibt und doch viel ermöglicht.

Wir aktivieren beim Spielen viele zentrale Bereiche unseres Gehirns: Aufmerksamkeit, Handlungsplanung, emotionale Bewertung, soziale Verarbeitung. Wir sind im Moment – und oft ganz bei uns selbst. Das gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene.

Doch nicht jeder Zugang zum Spiel ist leicht. Manche Menschen haben verlernt zu spielen oder erleben im Spiel Überforderung, Unsicherheit, gar Scham. Vielleicht, weil früh der Eindruck entstand, nicht gut genug zu sein. Vielleicht, weil Spielen zu etwas wurde, das man erst verdienen muss.

Umso wichtiger ist es, Spielräume bewusst zu gestalten – sicher, achtsam und einladend. Denn das Spiel kann Türen öffnen, die mit Worten oft verschlossen bleiben.

Spielen in der Lerntherapie – Konzentration, Mut und Beziehung

In der Lerntherapie kann das Spiel eine Brücke sein – zwischen Fachlichkeit und Beziehung, zwischen Anforderung und Entlastung, zwischen Unsicherheit und Zutrauen.

Viele Kinder erleben den schulischen Alltag als eng getaktet, leistungsorientiert und wenig fehlertolerant. Im Spiel jedoch gelten andere Regeln: Es darf gelacht, ausprobiert, verworfen und neu begonnen werden. Fehler verlieren ihren Schrecken. Und genau das schafft Raum für Entwicklung.

Je nach Bedarf und Zielstellung lassen sich Spiele gezielt einsetzen – zur Förderung von Aufmerksamkeit, Merkfähigkeit, Sprachverständnis oder Impulskontrolle. Spiele mit Bewegung können das Arbeitsgedächtnis trainieren, Kartenspiele helfen beim Erfassen von Regeln und Strukturen, Wortspiele fördern Sprachgefühl und Ausdrucksfähigkeit. Doch entscheidend ist nicht nur das Spielmaterial – sondern, wie es eingebettet wird.

Besonders wertvoll ist es, wenn Spielregeln gemeinsam angepasst oder neu erfunden werden. So verwandeln wir ein klassisches Wettbewerbsspiel in ein kooperatives Format – oder schaffen kreative Mischformen, in denen Kinder mitentscheiden dürfen, wie gespielt wird.

Diese aktive Mitgestaltung stärkt nicht nur die Motivation, sondern auch das Selbstwirksamkeitserleben: Ich darf etwas verändern. Ich werde ernst genommen. Mein Vorschlag zählt. Gerade Kinder, die sich oft ohnmächtig erleben, erfahren hier einen neuen Spielraum.

Hier ist Spielen vor allem Beziehungsarbeit. Ein sicherer Rahmen, in dem das Kind sich trauen darf – zu lachen, zu verlieren, zu gewinnen, zu erleben: Ich kann etwas. Ich werde gesehen. Und es darf leicht sein.

Spielen im Coaching – Zugang zu Ressourcen und neuen Perspektiven

Auch im Coaching kann das Spiel eine Tür öffnen – oft gerade dann, wenn Worte nicht weiterführen oder der innere Zugang zu einem Thema verstellt scheint. Erwachsene sind es meist nicht gewohnt, im geschützten Rahmen zu spielen. Und doch: Wenn sie sich darauf einlassen, entsteht häufig etwas sehr Lebendiges, Echtes, manchmal sogar Befreiendes.

Spiele bringen Bewegung in festgefahrene Gedankenmuster. Sie laden ein, Rollen zu wechseln, Bilder zu entdecken, innere Landschaften zu erforschen. Ob mit Symbolkarten, Spielfeldern, Story Cubes, Figuren oder improvisierten Materialien – das Spielerische hilft, Abstand zu gewinnen und gleichzeitig tiefer ins Erleben zu gehen.

Besonders wirkungsvoll sind dabei Metaphern und symbolische Formen des Spiels. Sie ermöglichen es, komplexe innere Prozesse sichtbar zu machen, ohne sie sofort in Sprache fassen zu müssen. Ein einfaches Bild, gezogen aus einem Stapel Karten, kann zum Spiegel für ein Thema werden. Ein Spielfeld mit Schritten, Blockaden und Ressourcen lässt einen Veränderungsprozess begehbar werden – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.

Für viele Erwachsene ist es zunächst ungewohnt, spielerisch zu arbeiten. Doch genau darin liegt ein großes Potenzial: Im Spiel darf ausprobiert, verworfen, gelacht und neu gedacht werden – ohne Bewertung, ohne Druck. Und oft auch mit dem Gefühl: Ich darf hier ganz ich selbst sein.

Spielen in der Supervision – Entlastung und Verstehen durch Perspektivwechsel

In der Supervision – ob in Einzelsettings oder im Team – kann das Spiel eine besondere Funktion übernehmen: Es schafft Distanz zu belastenden Themen, ermöglicht neue Sichtweisen und lädt dazu ein, sich selbst und die eigene Rolle mit mehr Leichtigkeit zu betrachten.

Gerade im Arbeitsalltag pädagogischer Fachkräfte, der oft von hoher Verantwortung, emotionaler Dichte und strukturellen Herausforderungen geprägt ist, kann das Spielerische eine willkommene Unterbrechung sein. Nicht als Ablenkung, sondern als Reflexionsraum, der andere Zugänge öffnet.

Spielerische Methoden in der Supervision sind vielfältig: Rollenspiele, Figurenaufstellungen, Symbolkarten, kooperative Aufgaben oder kreative Impulsspiele – je nach Kontext und Gruppendynamik lassen sich passende Formate gestalten. Oft genügt ein einfaches, symbolträchtiges Material, um ein Thema greifbar zu machen und es im Raum zu bewegen.

Besonders hilfreich ist der Einsatz von Spiel als Methode, wenn es um Perspektivwechsel geht: Welche Rolle nehme ich in einer bestimmten Situation ein – und welche Wirkung hat das auf andere? Was passiert, wenn ich bewusst in eine andere Position schlüpfe? Das szenische, körperlich erfahrbare Element solcher Spiele unterstützt nicht nur das Verstehen, sondern auch das Empfinden.

Spielen in der Supervision heißt nicht, Probleme zu banalisieren. Es bedeutet, einen Zugang zu schaffen, der entlastet, verbindet – und manchmal auch heilt. Im besten Fall entsteht ein Raum, in dem Teams wieder ins gemeinsame Spüren, Lachen und Verstehen kommen.

Ein Memory Spiel für dich !

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Ein Lesetipp aus der Praxis – Lesetipp im Oktober: Lösungen (er)finden

Diese Literatur begleitet mich...

Ein Lesetipp aus der Praxis

Lösungen (er)finden von Insoo Kim Berg & Peter de Jong

Seit vielen Jahren begleitet mich das Buch Lösungen (er)finden von Insoo Kim Berg und Peter De Jong – nicht bloß als Fachbuch, sondern als eine Haltung in meiner Arbeit mit Lerntherapeutinnen, pädagogischen Fachkräften und Klient:innen. Gerade in der direkten Begleitung zeigt sich immer wieder, wie kraftvoll es ist, nicht das Problem ins Zentrum zu stellen, sondern die Menschen selbst – mit ihren Ressourcen, Ausnahmen, Zielen und Möglichkeiten.

Warum dieses Buch?

Insoo Kim Berg und Peter De Jong beschreiben in diesem Werk den lösungsorientierten Ansatz nicht nur als Methode, sondern als konsequente Haltung: Der Blick richtet sich nicht darauf, was fehlt, sondern darauf, was bereits gelingt – und was noch möglich ist.

Statt umfangreicher Problemanalysen geht es um lösungsfokussierte Dialoge:

  • Was wäre anders, wenn das Problem gelöst wäre?

  • Woran würdest du es als Erstes merken?

  • Wann hat es schon einmal ein bisschen funktioniert – und wie genau war das?

Diese Fragen öffnen neue Perspektiven – selbst bei sogenannten „schwierigen“ oder „geschickten“ Klientinnen, also jenen, die auf die klassische Analyse oft mit Widerstand oder Rückzug reagieren. Die Autorinnen zeigen eindrucksvoll: Man muss das Problem nicht vollständig verstehen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Es reicht, sich gemeinsam auf das zu konzentrieren, was hilft.

Ein Kerngedanke des Buches lautet:

„Wenn etwas funktioniert, mach mehr davon. Wenn etwas nicht funktioniert, probiere etwas anderes.“

Was so einfach klingt, ist in der Begleitung von Menschen oft ein Wendepunkt. Es bedeutet: Nicht tiefer ins Problem graben, sondern Wege suchen, die jetzt schon begehbar sind. Dieses Prinzip lässt sich in der Lerntherapie ebenso anwenden wie in Coaching‑Prozessen, in der Supervision oder auch in pädagogischen Teams.

Einblicke in zentrale Inhalte

  • Ressourcen statt Defizite: Das Buch gibt viele konkrete Beispiele dafür, wie Fachkräfte systematisch Ressourcen identifizieren und nutzbar machen können – auch dann, wenn die Klient*innen selbst zunächst keine sehen.

  • Arbeiten mit „geschickten“ Klient*innen: Es wird gezeigt, wie auch mit jenen gearbeitet werden kann, die auf klassische Fragen oder methodische Zugänge eher ausweichend oder kontrollierend reagieren – ohne Druck, sondern mit Respekt und Leichtigkeit.

  • Zielorientierung im Fokus: Die gesamte Kommunikation wird lösungsfokussiert geführt. Anstatt die Ursache des Problems zu erforschen, geht es um die Frage: Was wäre anders, wenn es besser wäre – und was wäre dann ein erster, machbarer Schritt dorthin?

🛒 Wer sich intensiver mit dem Thema auseinandersetzen möchte, findet das Buch hier:
👉 Zum Buch bei buch24.de*

Ein Gedanke für dich: „Man muss das Problem nicht kennen, um dem Menschen bei seiner Lösung zu helfen.“

Frage an dich:
In welchem Moment deiner beruflichen Praxis hast du erlebt, dass sich etwas bewegt hat – ohne dass du das Problem bis ins Detail verstanden hast?
Ich freue mich, wenn du deine Gedanken im Kommentar teilst.

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