Zwischen Feintuning und Türöffnern – das Jahr 2025

Türöffner im übertragenen Sinne

Manchmal öffnet sich eine Tür, die man schon lange beobachtet hat

Es gibt diese Momente, in denen sich etwas verändert – nicht mit Lärm, sondern mit einer stillen Selbstverständlichkeit. Da sitzt ein junger Klient vor mir, der noch vor Jahren frustriert aus der Grundschule kam. „Ich kann das nicht“ oder „Ich bin zu dumm“ waren seine Mantras, ein Glaube, der ihn wie ein unsichtbarer Mantel einengte. Die Aufgabe bestand in den Jahren mehr darin, ihm das Vertrauen in sich selbst zu gewinnen. Die anderen Bestandteile waren nur Beiwerk. Ein so früh geprägtes Bild von sich selbst benötigt Zeit, sich zu verändern. Jetzt ist er so weit, dass er für sich lernt und weiß, dass er es kann. Vielleicht bleibt ein wenig Selbstzweifel, aber der Grundstein ist gelegt.

Kein Jubel, kein „Endlich geschafft!“. Einfach diese Gewissheit, die alles verändert. Denn diese Tür, die ich schon so lange für ihn offenhalten wollte, ging erst auf, als er selbst glaubte, sie verdient zu haben. Und genau darum geht es: nicht um die Note, nicht um äußere Bestätigung, sondern darum, dass er sich selbst zutraut, den ersten Schritt zu tun.

Systemkompass: Entwicklung als Prozess

2025 war das Jahr, in dem wir beim Systemkompass gemerkt haben, was wir von der Theorie und Praxis schon wussten: Entwicklung ist kein Projekt mit Endpunkt, sondern ein lebendiger Prozess. Die Gruppensupervisionen, die wir ausgebaut haben, sind kein „fertiges Produkt“, sondern ein sicherer Raum, der sich ständig weiterentwickelt. Ein Ort, an dem Fachkräfte nicht nur fachlich, sondern auch menschlich ankommen dürfen.

Gleichzeitig wurde mir klar: Was mir klar und deutlich ist, muss anderen noch lange nicht klar sein. Das gilt für die Kommunikation mit Eltern genauso wie für den Umgang mit Technik.

Lerntherapie: Sichere Häfen schaffen

Ein Trend, der sich 2025 verstärkt hat: Kinder und Klient:innen brauchen nicht nur Förderung, sondern einen Ort, an dem sie sich sicher fühlen. Erst dann kann Lernen gelingen. Das klingt selbstverständlich – ist es aber nicht. Immer wieder erlebe ich, wie Kinder erst „ankommen“ müssen, bevor sie sich trauen, sich auf Neues einzulassen. Immer häufiger sehe ich „Versagen“ in der Schule, da die Kinder sich dort nicht sicher fühlen.

Hier wird auch die Elternarbeit immer wichtiger. Eltern sind keine Störfaktoren, sondern Partner – auch wenn die Kommunikation manchmal holpert. Das liegt häufig eher an den Herausforderungen, denen Eltern gegenüberstehen. Arbeit, Familie, Schule, und alles soll immer optimal laufen. Mein Appell für 2026: Lasst uns Eltern als Verbündete sehen.

Supervision

Supervision ist ein Grundbedürfnis in der Arbeit mit Menschen. Für mich ist sie der Ort, an dem ich Kraft schöpfe, klarer sehe und meine Haltung stärke – indem ich über Situationen nachdenke, sie aufarbeite und vielleicht anders bewerten lerne als zuvor. Es ist notwendig, um bei zukünftigen Situationen professionell handeln zu können.

Türöffner-Momente: Wenn das System mitspielt

Manchmal sind es die kleinen Dinge, die Großes bewirken:

  • Netzwerke wiederbeleben: 2025 habe ich gemerkt, dass alte Kontakte manchmal mehr bringen als neue Kooperationen. Es lohnt sich, bestehende Netzwerke zu pflegen – statt immer nur nach Neuem zu suchen.
  • Technik & Kommunikation: Nicht jeder dreht den Schlüssel intuitiv richtig herum – und das ist okay. Aber wir können lernen, klarer zu kommunizieren – ob in Gesprächen oder im Umgang mit Alltagshürden.
  • Mein größter „Aha-Moment“ 2025? Dass Geduld manchmal der beste Werkzeugkasten ist.

Ausblick 2026

Für 2026 wünsche ich mir:

  • Dass jedes Kind einen „sicheren Hafen“ findet – und dass wir Fachkräfte uns gegenseitig daran erinnern, warum wir das tun.
  • Mehr Mut zur Supervision! Denn wer sich selbst versteht, kann andere besser begleiten.
  • Dass wir beim Systemkompass weiter feintunen – weil Entwicklung nie fertig ist.
  • Dass ich 2026 öfter frage: „Was brauchst du?“ – statt zu denken: „Das weiß ich schon.“

Die Tür steht offen

Vielleicht ist 2026 das Jahr, in dem du eine Tür öffnest – oder endlich siehst, dass sie schon lange offenstand. Indem du dir erlaubst, Supervision als Kraftquelle zu nutzen. Indem du merkst: Feintuning ist kein Zeichen von Unzulänglichkeit, sondern von Professionalität. Und indem du, genau wie mein Klient, sagst: „Ich lerne das jetzt – nicht für die anderen, sondern für mich.“

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